Schon kurz nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine fordern die bürgerlichen Parteien eine Aufstockung des Schweizer Militärbudgets von 5 auf 7 Milliarden Franken. Ähnlich klingt es aus Deutschland: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte bereits kurz nach der russischen Invasion in die Ukraine an, dass die Bundeswehr ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für Investitionen und Rüstungsvorhaben erhalten soll. Aus gegebenem Anlass schaut diese Ausgabe zurück in die Mitte des finsteren 20. Jahrhunderts – als man glaubte, dass sich die Welt einzig in Dichotomien erklären lässt: Ost gegen West, Kapitalismus gegen Kommunismus, Gut gegen Böse. Eine Zeit in welcher jeder gute Schweizer Haushalt mit einem Luftschutzkeller, Jodtabletten und einem Vorrat an Ravioli Konserven ausgestattet war. Der Notfall wurde dauerhaft antizipiert und prägte die Schweizer Nachkriegsgesellschaft tiefgreifend. Doch manchen Schweizer*innen war das «Einbunkern» allein zu wenig – Militär und Regierung träumten in der Nachkriegszeit von der eigenen Atombombe die mittels Flugzeugen nicht nur defensiv, sondern auch offensiv eingesetzt werden konnte. In der Fabrikzeitung Nr. 377 porträtieren wir das Schweizer Kernwaffenprogramm von 1945–1988 als Teil der geistigen Landesverteidigung und der paranoiden Selbstdefinition einer wehrhaften Schweiz im 20. Jahrhundert.